Auswanderer Buecher

Mittwoch, 8. Juni 2011

Geo 360 Reportage: Kambodscha - Die Seele der Seide

Ein Japaner versucht, die von den Roten Khmer zerstörte Seidenweberkultur neu zu beleben. Ein zartes Projekt in einem traumatisierten Land.

"Als ich das erste Mal kambodschanische Seide sah, musste ich sie sofort berühren. Es war, als würde mir die Seide zurufen: Fasse mich an! Viel Herz und Seele stecken darin," sagt Kikuo Morimoto. Er fördert in Kambodscha die traditionelle Webkunst und verschafft mit der Anpflanzung von Maulbeerbäumen und der Herstellung hochwertiger Seidenstoffe Hunderten von Menschen ein Einkommen.

Kikuo Morimoto geht wie jeden Morgen durch die Reihen der 300 Frauen, die in seiner Seiden-Weberei arbeiten. Eigentlich wollte der Japaner nur ein paar Monate in Kambodscha bleiben. 15 Jahre sind mittlerweile daraus geworden. Der ehemalige Kimonomaler war damals, bei seiner ersten Reise nach Phnom Penh, auf die Spur der fast ausgelöschten Tradition der Seidenweberei gestoßen. Ausgelöscht während der Diktatur der Roten Khmer und dem nachfolgenden Bürgerkrieg, unter dem Kambodscha jahrzehntelang gelitten hat.

Fast zwei Millionen Menschen - nahezu ein Drittel der Bevölkerung - wurde von den Gefolgsleuten Pol Pots in den vier Jahren ihrer Herrschaft Mitte der siebziger Jahre systematisch umgebracht. Für ihr Ziel, den neuen Menschen zu schaffen, zertrümmerten die Roten Khmer im Namen eines Steinzeit-Kommunismus alles Geistige und Sinnliche im Lande. Damit verschwand beinahe auch die weltweit einmalige Kunst der Seidenherstellung. Morimoto grub die alten Rezepturen des Färbens wieder aus: rot aus dem Saft der Lackschildläuse, braun vom Sud der Kokosnussschalen, grau durch die ausgekochten Äste des Lychee-Baums. Und er studierte die in Vergessenheit geratenen, über 1200 Jahre alten Muster.

1996 gründete er schließlich eine Weberei. Im ganzen Land konnte er nur noch ein Dutzend Weberinnen aufspüren und für sein Projekt begeistern. Sie verließen ihre Dörfer und zogen mit ihm nach Siem Reap, die Touristenstadt vor den Toren Angkors, im Nordwesten Kambodschas. Heute sind sie die Seele der Weberei und vermitteln ihr Wissen an jüngere Frauen weiter. Obwohl seit 1999 Frieden herrscht, ist die schreckliche Zeit für viele dieser Frauen immer noch gegenwärtig, so wie für Phorn Loan. Sie versorgt vier Kinder und einen vom Krieg psychisch gezeichneten Ehemann. Vor drei Monaten hat Morimoto die schüchterne Phorn Loan angestellt. Mit 37 Jahren lernt sie nun zum ersten Mal einen Beruf und sieht für sich und ihre Familie eine Zukunft.

Ein sehr ambitioniertes Projekt und ich hoffe das es weiterhin Erfolg haben wird.

Quelle: Geo 360

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